Der ehemalige Landkreis Nordvorpommern

Seit der Gebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern gehört der ehemalige Landkreis Nordvorpommern zum Landkreis Rügen-Vorpommern. Damals erstreckte er sich von der Ostseeküste im Norden mit der vorgelagerten Halbinsel Fischland-Darß-Zingst entlang der Linie Damgarten, Tribsees und dann in Richtung Nordosten bis etwas nördlich von Greifswald. Die frühere Kreisstadt Barth gab ihre Funktion an das bis dahin kreisfreie Stralsund ab, wo sich heute der Verwaltungssitz befindet.

Bedeutende Orte und Landschaften in Nordvorpommern

Bei den Orten im früheren Nordvorpommern handelt es sich fast durchweg um kleinere Dörfer und Städte mit deutlich unter 10.000 Einwohnern. In den meisten herrschen Landwirtschaft und Fischerei als Erwerbszweige vor, aber zumindest in den Küstenregionen hat sich im 19. Jahrhundert auch der Tourismus entwickelt. Und seit der Wende suchen verstärkt Urlauber die Ruhe in den beschaulichen Dörfern, die in einer landschaftlich sehr reizvollen Umgebung liegen.

Die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst

Das touristisch attraktivste Gebiet in Nordvorpommern ist zweifelsfrei die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Die schmale, lange Landzunge grenzt an die Ostsee und im Süden an den Saaler Bodden. Diese landschaftliche Vielfalt mit dem Reichtum an seltener Fauna und Flora macht dieses Gebiet so interessant für Touristen und Naturliebhaber. Ein großer Teil der Halbinsel in Vorpommern gehört zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft.

Auf Fischland-Darß-Zingst liegen die Ostseebäder Ahrenshoop, Dierhagen, Prerow und Wustrow, von denen das erste zu den bekanntesten zählt. Und das, obwohl es gar nicht die meisten Einwohler hat. Aber im späten 19. Jahrhundert gründeten einige Maler hier eine Künstlerkolonie, zu der sich später auch Bildhauer und Literaten gesellten. Davon zeugen noch heute verschiedene Bauten wie etwa die Bunte Stube, die Kunstkate und das Künstlerhaus Lukas, alle in einem eigenwilligen Stil errichtet, der einen guten Eindruck vom damaligen Leben vermittelt. Überhaupt sind in Ahrenshoop sehr viele Häuser noch mit Reetdächern gedeckt, was dem ganzen Ort den Charme vergangener Zeiten verleiht.

Auch die Naturliebhaber kommen im Seebad Ahrenshoop in Vorpommern auf ihre Kosten. Am schönen Sandstrand  lässt es sich herrlich relaxen, und von der attraktiven Steilküste kann man den Blick schweifen lassen. Im unter Naturschutz gestellten Ahrenshooper Holz schließlich, einem Waldgebiet im Nordosten der Ortschaft, wachsen sehr alte Rotbuchen, Eichen und sogar Stechpalmen.

Die Schifferkirche von Ahrenshoop ist allein schon wegen ihrer ungewöhnlichen Bauweise sehenswert. Sie stammt aus dem Jahr 1951und beweist, welch fantasievoller Bau entstehen konnte, obwohl die Bauherren mit knappen finanziellen Mitteln auskommen mussten. Das spitze Dach umschließt einen ebenfalls spitz zulaufenden Bau aus Holz. der bei aller scheinbaren Improvisation doch sehr gekonnt aussieht (und ist).

Das Seeheilbad Zingst in Nordvorpommern

Geografisch bildet Zingst eine Einheit mit dem Fischland-Darß-Zingst und nimmt den langen, schmalen Teil dieser Halbinsel im Norden Nordvorpommerns ein. Allerdings handelte es sich bis 1874 noch um eine eigenständige Insel. Damals schloss man die schmale Verbindung zwischen Ostsee und Bodden mit einer etwa 100 Meter breiten Landverbindung, nachdem ein besonders heftiger Sturm das Gebiet ernsthaft bedroht hatte. Aus Sicht der Verwaltung handelt es sich bei der Gemeinde mit gut 3.000 Einwohnern nach wie vor um eine selbstständige Einheit.

Der Hauptort selbst ist von Deichen umgeben, weil er fast auf Meereshöhe liegt. Östlich von Zingst schließt sich der Osterwald an, der herrliche Erholungsmöglichkeiten bietet. Zudem stellt er ein Regenmoor dar – eine seltene Formation in Vorpommern. Entsprechend gestalten sich Fauna und Flora. Sumpfohreulen, Waldkäuze und Baummarder finden beste Bedingungen in den Birken, Kiefern und Stieleichen. Zudem wachsen hier sogar Mammutbäume. Noch weiter östlich liegen die Sundischen Wiesen, eine typische Landschaftsform am Meer. Hier rasten alljährlich viele Gänsearten und zahllose Kraniche, die sich bestens von der speziell eingerichteten Beobachtungsstelle studieren lassen.

In  Zingst blühte im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Schifffahrt. Die dortigen Werften konnten einen weitaus größeren Umsatz verbuchen als etwa das viel größere Rostock. Entsprechend florierte auch der Handel speziell mit Holz, aber ebenfalls mit Fischen sowie landwirtschaftlichen Produkten, und Zingst war eine wohlhabende Ortschaft. Aus dieser Zeit sind noch etliche Kapitänshäuser im Ort erhalten, die nicht nur größer waren als die der Steuermänner, sondern auch weiß im Gegensatz zu den bunten der niedrigeren Ränge. Und der Hafen spielt nach wie vor eine bedeutende Rolle. Dort findet im April das beliebte Hafenfest statt. Erst die Dampfschiffe und die Großsegler beendeten diese Blütezeit, allerdings begann etwa zeitgleich der Tourismus.

Das geschah in diesem Bereich Vorpommerns später als in anderen deutschen Seebädern, aber danach stiegen die Urlauberzahlen kontinuierlich an. Im Jahr 1881 entstanden das Strandrestaurant, das Damen- und das Herrenbad , etwas später auch ein Warmbad. Es gab allmählich mehrere Hotels, Pensionen und auch Privatunterkünfte. Zudem sorgte eine direkte Bahnanbindung an Hamburg und Berlin für weiteren Zustrom von Sommerfrischlern.

Der eigentliche Aufschwung setzte jedoch erst nach der politischen Wende ein – wie fast überall im ehemaligen Nordvorpommern. Erst jetzt sorgten die Gemeindeväter für eine den Gästen entsprechende Infrastruktur: Der alte und marode Schiffsanleger wich einer modernen Seebrücke mit immerhin 270 Metern Länge, das frühere Kurhaus erstrahlt inzwischen in neuem Glanz, und eine eigens angelegte Leitung aus der Ostsee versorgt das neue Kurmittelhaus mit Salzwasser.

Heute darf sich Zingst mit dem Titel eines Ostseeheilbades schmücken – eine Entwicklung, die im damaligen Nordvorpommern kaum vorherzusehen war. Entsprechend groß ist das kulturelle Angebot in Zingst: Klaviertage, die Zingster Kunstmagistrale und ein Fotofestival sind regelmäßige Veranstaltungen, die weit über die Grenzen des ehemaligen Nordvorpommerns hinaus bekannt sind. Zudem gibt es die attraktive neugotische Kirche und speziell für die Kleinen ein spannendes Experimentarium.

Barth im ehemaligen Nordvorpommern

An der Nordküste Vorpommerns liegt das Städtchen Barth mit seinen knapp 9.000 Einwohnern. Es befindet sich in einer reizvollen Umgebung: Im Norden der Barther Bodden, der die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst vom vorpommerschen Festland trennt, im Westen der Barther Stadtholz, ein interessantes Waldgebiet, und im Osten schließen sich Feuchtgebiete mit einigen Seen an.
Der Hafen war und ist ein beliebter Treffpunkt, wenn er auch viel von seiner ehemaligen Bedeutung eingebüßt hat. Die weit zurückreichende Geschichte von Barth, das lange die Hauptstadt Vorpommerns war, spiegelt sich in vielen Bauten wieder, die großenteils sehr gut erhalten oder auch ausgezeichnet saniert sind. In der hübschen Altstadt etwa gibt es etliche historische Bürgerhäuser. Von der Stadtbefestigung aus dem Mittelalter sind das Fangeltor und das Dammtor erhalten. Zudem gibt es Reste der Wallanlage, die aber als solche kaum noch zu erkennen sind.
Auf dem malerischen Marktplatz von Barth steht ein Brunnen, dem ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal weichen musste. Ein Wasserturm diente früher dazu, die Brauereien mit frischem Quellwasser zu versorgen. Denn er erhielt sein Wasser aus der Alkun-Quelle.
Hauptanziehungspunkt in Barth ist aber zweifelsfrei die Sankt-Marien-Kirche. Sie stammt aus der frühen Gotik, dem 13. Jahrhundert, und ist aus Backsteinen erbaut. Der Turm, dessen Plattform einen herrliche Aussicht bietet, wurde zuallerletzt später hinzugefügt. Der größte Teil des Innenausbaus stammt aus dem Jahr 1856, und zwar von einem Schinkel-Schüler.

Grimmen in Nordvorpommern

Die kreisfreie Stadt Grimmen liegt mit ihren gut 10.000 Einwohnern im Süden des ehemaligen Nordvorpommern. Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts sind urkundliche Zeugnisse bekannt. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt entstanden die Anfänge einer Stadtbefestigung, die allerdings erst zwischen 1320 und 1340 beendet wurde. Und die drei Stadttürme stammen sogar erst aus dem 15. Jahrhundert. Drei Tore sind erhalten, alle aus dem frühen 14. Jahrhundert. Es handelt sich um Backsteinbauten mit quadratischen Grundrissen, die deutliche Kennzeichen der Gotik zeigen.
Bei der Gestaltung ihrer Türme bewiesen die Grimmer Stadtväter viel Fantasie. Häufig handelt es sich um Staffelgiebel, die weithin sichtbar emporragen. Beim Rathaus, das um 1400 entstand, befinden sich oben weitere Verzierungen, denen um 1700 noch eine barocke Haube aufgesetzt wurde.
Die Marienkirche mutet dagegen fast schlicht an. Entstanden um 1275 hat sie noch einen  Sockel aus Feldsteinen, während die übrigen Teils aus Backsteinen errichtet sind. Ursprünglich handelte es sich um eine Hallenkirche mit drei Schiffen, denen aber im 15. Jahrhundert ein dreischiffiger Hallenchor zugefügt wurde.
Die gesamte Stadt Grimmen ist sehr interessant angelegt: Die Straßen verlaufen rasterförmig in einem insgesamt ovalen Grundriss. Bei Ausgrabungen im Jahr 2000 entdeckte man das ursprüngliche Straßennetz, das teilweise aus Holzbohlen besteht, teilweise mit Feldsteinen gepflastert ist.

Wer heute das Städtchen in Vorpommern besucht, wird also kulturgeschichtlich und architektonisch belohnt. Dennoch bietet Grimmen aus schöne Erholungsmöglichkeiten: Der Tierpark etwa besticht nicht nur durch seine 50 Tierarten, sondern verfügt auch über herrliche Grünflächen. Das trifft ebenso auf den Volkspark zu.